Petra
Wolf - Perraudin
LA CONOSCENZA DI CANTO
vom sängerischen Wissensdurst
und der Gesangslehre von Professoressa Loretta di Lelio und Franco Corelli
Ein kommentierter Erfahrungsbericht von Petra Wolf-Perraudin
Italienisches Repertoire so authentisch wie möglich und besonders gut zu singen, war für mich, besonders als deutsche Sängerin, immer erstrebenswert und bezüglich meines italophil-musikalischen Naturells ein besonderes Anliegen.
Schon in meinen Studienjahren fühlte ich mich der italienischen Opernliteratur näher als der deutschen, also eher als "Italiana" denn als "Wagneriana".
Doch scheint man in hiesigen Breiten als Sänger deutscher Abstammung nahezu zu deutschen Opernrepertoire gezwungen, was mir immer außerordentlich unverständlich war.
Gerade hatte ich italienisches Repertoire im Engagement gesungen, da entstand der Wunsch nach mehr, wozu ich nach meiner Überzeugung eine andere Art der Gesangstechnik und Stimmgebung benötigte - eine italienische - speziell für die Partien der italienischen Oper.
Als wichtiges Schlüsselereignis sollte sich Jahre später folgende Begebenheit zeigen:
Ein Sängerkollege und Kenner der italienischen Gesangskunst hatte mir 1989 ein Video zur exemplarischen Demonstration eines Jahrhundert-Tenor-Ereignisses der Belcanto-Gesangskunst zur Ansicht übergeben: ein Arienabend der Welt- und Jahrhundert-Stimme - Franco Corelli, dem für mich eindeutigen Nachfolger Carusos. In seinen Konzertauftritten in New York und Japan hörte ich Corelli auf diesem Video bewusst zum ersten Mal.
Dieser Gesang des italienischen Spinto-Tenors Franco Corelli hatte etwas Übermenschliches:
ich hörte die herrliche Stimme einer Sängerpersönlichkeit "wie von einem anderen Stern" die mich zu langem, andächtigen Schweigen brachte. Diese Mühelosigkeit der strahlendsten Töne in stupend hoher Tonlage, dazu mit großer Musikalität, Emotionalität und Authentizität.
Dabei schien doch alles so natürlich unverkrampft, leicht und wunderbar eingesetzt - einfach eine atemberaubend grandiose Leistung. Es war eine der herrlichsten Stimmen die ich je gehört hatte. Einfach großartig!
Dass diese erste "Begegnung" mit Franco Corelli schon bald zu einem Wende- und Angelpunkt werden würde, hatte ich zu jenem Zeitpunkt nicht erwartet.
Im Frühjahr 1991 vermittelte mich eine Wiener Opern-Agentur für das Projekt einer
anstehenden Belcanto-Meisterklasse für junge, bereits engagierte Opernsänger, die
einmalig im Sommer 1991 in Wien stattfinden sollte.
Als ich erfuhr, wer diese Meisterklasse leiten würde, konnte ich es kaum glauben….
Franco Corelli, der sensationelle Tenor, eine Meisterklasse ... Ich hatte sofort zugesagt.
Kurzentschlossen belegte ich einen Kompakt-Italienischkurs in Bologna, um eine der
wichtigsten Teilnahmebedingungen – ausschließlich Italienisch ! – zu erfüllen.
Sechs Wochen später war es dann soweit ... Der Meisterkurs am Wiener Konservatorium
mit Franco Corelli begann.
Die Teilnehmer kamen aus allen Himmelsrichtungen, die meisten schon seit Jahren im
Sängergeschäft. Nach fünf Vorsingen wurden die aktiven Teilnehmer wie in einem
üblichen Wettbewerbs-Verfahren bekannt gegeben.
Im Einzelunterricht wurde dann drei Wochen lang hart und intensiv gearbeitet.
Erst bei Professoressa Loretta di Lelio, italienische Sopranistin und Belcanto Spezialistin,
dabei hervorragende Pädagogin ... dann bei Franco Corelli - beide "auf einer Linie" mit
Vocalizzi, Esercizi ... und gelegentlich auch eine Korrepetition der Arien.
Das Meisterklassen Finale: ein großes ORF-Abschlußkonzert im Kawai-Saal, zu dem
VIPs, darunter auch Placido Domingo, erwartet wurden.
In Wien erhielt ich von den Corellis persönlich das wunderbare Angebot, die Belcanto-
Studien mit ihnen fortzusetzen - eine wirklich große Ehre !
Die Umstellung der neuen italienischen "Technik" bedurfte ein paar Jahre der Studienzeit
auf den vielfältigen Ebenen sängerischen Bewusstseins, der Atem-Koordination, von
Zwerchfell, Kehle und Muskeln.
Danach ... wurde alles gesanglich leichter, selbstverständlicher, subtiler, präsenter.
Es war meine dritte, diesmal rein aus Überzeugung, mehrjährig erarbeitete und
konsequent trainierte Gesangstechnik – die ich mit großer Erfüllung fand.
Diese Zeit hat mein Leben verändert und glücklich gemacht - der intensive
freundschafltich zugewandte und nahe Kontakt zu den Maestri, sowie die Fortbildung in
der "musikalische Heimat" Milano wurden selbstverständlich.
Den größten Teil meiner neu gewonnenen Fähigkeit zur künstlerischen Umsetzung des
Belcanto verdanke ich vor allem der hervorragenden gesangs-pädagogischen Kenntnis
von Professoressa Loretta di Lelio-Corelli, die auf ihrer langen familiären Tradition und
Fachkenntnis fusste.
Seit der intensiven Zeit in Wien 1991 bis 2011 standen wir mit wenigen Unterbrechungen
im Zusammenhang mit fortbildenden Vocal-Coachings und Hospitationen in direktem,
persönlich verbundenen Kontakt ...
Ich habe unendlich viel gelernt,
Wesentliches erkannt und Wunderbares erlebt.
Ich danke beiden Corellis sehr und möchte keinen Moment gemeinsamer Erfahrungen und
Freundschaft missen !!!